Lea Tsemel, Anwältin - Dokumentation im Ersten
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Lea Tsemel, Anwältin - Dokumentation im Ersten

Bild von Tom Stolzenberg
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Seit über 50 Jahren führt Israels Siedlungspolitik auf der einen und die Wei-gerung der Palästinenser Israel als Staat anzuerkennen auf der anderen Sei-te zu blutigen Auseinandersetzungen. Inmitten dieses Konflikts und des von Israel beanspruchten Gebiets kämpft die jüdische Anwältin Lea Tsemel für Gerechtigkeit, Gleichheit, Vorurteilsfreiheit und die Unschuldsvermutung - auch für die palästinensische Minderheit. Rachel Leah Jones und Philippe Bellaiche haben für die israelisch-kanadische Dokumentarfilm "Lea Tsemel, Anwältin" in Koproduktion mit SWR und NDR die Menschenrechtlerin ein Jahr lang bei der Verteidigung des 13-jährigen Ahmad begleitet. Dessen Fall veranschaulicht das Dilemma des nationalen Konflikts. Zu sehen am Mitt-woch, 10. Juli um 22:45 Uhr in der Reihe Dokumentarfilm im Ersten.

Lea Tsemel geht es um den Menschen und seinen Anspruch auf eine faire Behandlung - egal wer er ist, woher er kommt und was er getan hat. Die 74-Jährige verteidigt politische Gefange-ne, Feministinnen und Fundamentalisten, friedliche Demonstranten, bewaffnete Militante und Kinder, die durch Diskriminierung radikalisiert, von Opfern zu Tätern werden. Kinder wie der 13-jährige Ahmad, dessen Fall Dreh- und Angelpunkt der Dokumentation ist. Dem Palästinenser-jungen wird eine mörderische Messerattacke zur Last gelegt.

Die Menschenrechtsanwältin und ihr schwierigster Fall Die Flure des Gerichts werden zum Schauplatz. Lea Tsemel tritt nach jedem Verhandlungstag vor die Presse, in direkter Konfrontation mit dem Staatsanwalt, während vor dem Gerichtsge-bäude palästinensische Frauen gegen eine rassistische israelische Justiz demonstrieren. Der Dokumentarfilm zeigt Tsemel außerdem im Gespräch mit den Angehörigen und bei der vertrau-lichen Beratung mit ihrem Ko-Verteidiger Tareq Barghout. Die Zusammentreffen mit Ahmad im Gerichtsgebäude werden durch Animationen verfremdet, um sein Persönlichkeitsrecht zu schützen.

Beispielhaft für den Nahostkonflikt: der Fall Ahmad TV-Archivmaterial aus israelischen Nachrichtensendungen zeigt, wie beispielhaft für das Drama des Nahostkonflikts beide politischen Lager den Fall Ahmad für ihre Zwecke instrumentalisieren: Für die Israelis ist Ahmad ein Terrorist, egal wie jung er ist. Für die Palästinenser ist er ein will-kommenes Opfer, um die Methoden der Israelis anzuprangern. Geleakte Bilder einer Überwa-chungskamera belegen die brutalen Verhörmethoden der israelischen Polizei.

Hintergründe zum Film: "Lea Tsemel, Anwältin" ist eine israelisch-kanadische Produktion in Koproduktion mit dem SWR und NDR. Die Dokumentarfilmer Rachel Leah Jones und Philippe Bellaiche haben die Menschenrechtsanwältin über den Zeitraum eines Jahres be-gleitetet und sowohl privates als auch historisches Archivmaterial gesammelt. Damit zeichnen sie parallel zu dem Geschehen um Ahmads Prozess Tsemels privaten und beruflichen Werdegang nach und stellen die Frage, welchen Preis sie persön-lich für ihren Kampf um Gerechtigkeit bezahlt. Antworten geben auch ihr Ehemann und ihre beiden Kinder. Im Januar 2019, kurz nach der Weltpremiere des Films auf dem Sundance Film Festival, wurde der Anwalt Tareq Barghout festgenommen. Nach einem Monat geheimdienstlicher Verhöre, mit Maulkorberlass und Verweige-rung eines Rechtsbeistands, hat er seine eigenen Plädoyerverhandlungen eingelei-tet. Er wurde wegen Schießens auf israelische Ziele angeklagt, wartet aber noch auf das Urteil. Lea Tsemel ist jetzt auch seine Anwältin.

Ausstrahlung ist am Mittwoch, 10. Juli 2019, um 22:45 Uhr im Ersten.

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Mit Material vonots

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